Wir sind ungewollt in Santander eingelaufen, und im Moment sieht es nicht so aus, als ob wir hier bald wieder weg kommen. Der am Vorabend bestellte Techniker findet zumindest das Problem des Steuerbordmotors: eine lose Sicherung. Die wird erstmal überbrückt; dann können wir in die Marina einfahren und sehen weiter. Aber wenn wir schonmal am Tanksteg sind, tanken wir auch: Diesel und Wasser. Diesel ist hier in Santander teuer, und der Tank war bei der Abfahrt in Bordeaux wohl auch nicht so voll, wie uns die Techniker der Werft erzählt haben. Naja, es werden noch größere Kosten auf uns zukommen.
Da der Techniker noch weiter nach einer zufriedenstellenden Lösung für das Motor-Problem sucht, und sich darüberhinaus auch noch ein Sturm auf der Biskaya angekündigt hat, richten wir uns erstmal ein. Wir erhalten (gegen Kaution) eine Magnetkarte für den Zugang zum Steg und zu den Duschen und Toiletten. Die ist hier personalisiert, und aufgrund meiner Spanisch-Kenntnisse prangt nun mein Biskaya-geplagtes Gesicht auf dieser Karte.
Wir begutachten die Schäden am Boot und beheben sie, wo wir können. Unter anderem ist auch die Fockschot fast durchgescheuert, da die Refftrommel unsauber verarbeitet ist und die Schot dort über einen Grat lief. Nun ja, das sind die berühmte Kinderkrankheiten, auf die uns Jan im Hinblick auf einen werftneuen Katamaran vorbereitet hat. Der Grat an der Refftrommel wird mit einer kleinen Feile bearbeitet; eine neue Schot müssen wir im Laden in der Marina kaufen. Hoffen wir nur, dass wir das Geld im Anschluß von Dream Yacht Charter zurückbekommen.
Bootstour nach Santander
Unsere Marina liegt leider eingeklemmt zwischen einer Halbinsel und dem Flughafen, einige Kilometer von Santander entfernt. Hier ist im November tote Hose, noch dazu bei dem regnerischen und kalten Wetter, das wir zur Zeit haben. Am kommenden Tag bringen wir daher – nach einem sehr gehaltvollen Frühstück in der Hafenspelunke – den Außenbordmotor des Dinghis zum Laufen. Jan, Wlad, Urs und ich wollen damit in die Innenstadt-Marina übersetzen.
Bereits nach wenigen hundert Metern werden wir von der örtlichen Marine im Schnellboot aufgebracht. Bootspapiere und Signalpistolen wollen sie sehen. Hier hilft erneut mein Spanisch, ihnen zu erklären, wer wir sind und wo wir hin wollen. Sie sehen unsere angelegten Rettungswesten und denken daher, dass sie es wohl nicht mit vollkommenen Idioten zu tun haben, und lassen uns weiterfahren. „Aber nur dieses eine Mal“ fügen sie hinzu. Soll uns recht sein, so lange sind wir hoffentlich eh nicht hier.
In der anderen Marina angekommen, binden wir das Boot fest und gehen an Land. Nicht ohne dass Wlad einen kleinen GPS-Tracker anbringt, der einen Alarm ans Handy senden würde, wenn das Dinghi sich sehr weit bewegen (sprich: geklaut) würde. Dann spazieren wir los. Ich möchte vor allem ein bisschen die Stadt sehen, während Jan eigentlich nur davon spricht, ein nettes Restaurant zu finden. Am Ende erhält letzteres eine höhere Priorität in der Gruppe, und wir gönnen uns ein richtig gutes Mittagessen mit spanischem Wein und diversen maritimen Köstlichkeiten.
Der Skipper geht von Bord
Abends dann ein kleiner Schock: Jan eröffnet uns, dass er am nächsten Morgen aus beruflichen Gründen das Boot verlassen muss. Er stellt seine Rückkehr in ein bis zwei Wochen in Aussicht, bis dahin soll Peter die Rolle des Skippers übernehmen. Wirklich wohl fühlt sich keiner mit dieser Situation, auch aufgrund der vorhandenen Probleme. Zwar läuft der Steuerbord-Motor wieder und wir verstehen auch das Problem (eine hin und wieder rausspringende Sicherung). Aber seit dem Wassereinbruch geht die Heizung im Backbord-Bug nicht. Und das Wetter sieht auch nicht so toll aus, zur Zeit sind es (an der Mastspitze) 32 Knoten Wind. Und das im Hafen, da will man gar nicht wissen, wie es draußen ist. Aber da Peter im Prinzip einverstanden ist, sträubt sich auch der Rest der Crew nicht. Wenn auch zwischendurch mal die Frage erörtert wird, ob und unter welchen Bedingungen wir vom Chartervertrag zurücktreten können. Aber das will natürlich keiner hier.
Am kommenden Tag warten wir weiter auf gutes Wetter. Die Unterhaltungen mit den örtlichen Fischern verheißen nichts Gutes. Den Tag bringen wir irgendwie rum. Abends bringe ich dann auch mal meine Kochkünste an den Mann, es gibt Fisch-Garnelen-Curry süß-sauer mit Reis. Na, und solange es dem Magen gut geht, beschwert sich auch der Rest nicht. Nach mehrmaligem Studium der Wettervorhersage beschließen wir, morgen am späten Vormittag auszulaufen. Zwar mit Wind und Wellen gegen uns, aber nach vier Nächten wollen wir dann auch mal langsam wieder weiter.
Krach in der Crew
Als Peter am nächsten Morgen verlauten lässt, dass wir mit dem Auslaufen warten sollten, bis der Wind weiter nachlässt, wird Urs laut. Die Rumsitzerei hier in der Marina zerrt an den Nerven, und die Unzufriedenheit mit der Situation äußert sich dann leider auch in persönlichen Konflikten. Und da der ursprüngliche Skipper nicht mehr da ist, wird dann auch schon mal die Befähigung des neuen Skippers Peter angezweifelt. Eigentlich ein seemännisches No-Go. Letztendlich beruhigen sich die Gemüter wieder. Und da uns hier die Zeit davonläuft und kurzfristig eh keine weitere Wetterbesserung zu erwarten ist, laufen wir am späten Vormittag aus.
Allerdings nicht ohne dass einer der hiesigen Fischer mit mir um ein Bier wettet, dass wir spätestens in ein paar Stunden wieder da sind.