Die Küste von Zentralchile, der sogenannte „Litoral Central“, hat neben diversen Fischerdörfern vor allem Chiles wichtigste Hafenstadt vorzuweisen. Valparaíso ist Unesco-Weltkulturerbe, und das alleine rechtfertigt natürlich, über unseren Besuch dort zu berichten.
Valparaíso ist eine Großstadt mit knapp 300.000 Einwohnern, und ist eigentlich schon lange mit dem etwa zehn Kilometer weiter nördlich liegenden Viña del Mar, von etwa gleicher Größe, zusammengewachsen. Dennoch könnten die beiden Städte kaum unterschiedlicher sein: Viña del Mar ist wohlhabend, ein klein bißchen mondän, und ist das Zuhause einer recht gut situierten Mittelschicht. Mal ganz abgesehen von durchaus annehmbaren Stadtstränden und strandnahen Zweitwohnungen. Hier gibt es gute Restaurants, Hotels, sowie ein Casino. Valparaíso dagegen ist arm, chaotisch, ein bißchen dreckig, und besitzt keine Strände, sondern einen Ozeanhafen. Hier gibt es weniger Restaurants und dafür mehr Kneipen und Discos, und die Bevölkerung besteht aus Arbeitern und Studenten. Naja, das ist jetzt vielleicht ein wenig übertrieben, aber spiegelt schon die unterschiedlichen Charaktere der beiden Städte wieder. Daraus resultiert, dass es in Valparaíso deutlich wahrscheinlicher ist, überfallen zu werden, was vor einigen Jahren sogar eine Kommission der Unesco am eigenen Leib erfahren musste. Bei einem Besuch sollte man also durchaus einsame dunkle Ecken meiden und immer auch die Umgebung im Auge behalten.
Hafenrundfahrt
Geografisch läßt sich Valparaíso grob in zwei Teile gliedern. Einmal einen flachen in unmittelbarer Nähe der Küste, den sogenannten „Plan“. Hier spielt sich das wirtschaftliche Leben ab, der chilenische Kongress hat hier seinen Sitz, und an seinem Westende (wenn wir die Stadt jetzt mal auf den Teil reduzieren, der die Bucht umfasst) liegt der Ozeanhafen. Und einen anderen, der sich in einigem Abstand vom Meer über eine ganze Reihe von Hügeln verteilt, auf denen sich Kunst und Kultur abspielen. Auch La Sebastiana, eines der Häuser des Literatur-Nobelpreisträgers Pablo Neruda befindet sich hier (auf dem Cerro Bellavista), und beherbergt heute ein Museum. Eine der Attraktionen der Stadt sind daher auch die Aufzüge (eigentlich Standseilbahnen), die neben unzähligen Treppen den Plan mit den Hügeln verbinden.
Wie es sich gehört für eine Hafenstadt, geht es zunächst auf eine Hafenrundfahrt. Interessant ist, wie sich die verschieden Verkäufer dieser Rundfahrten (die immer irgendwie Brüder, Neffen oder ähnliches der Kapitäne oder Bootsbesitzer sind) über den Preis gegenseitig die Touristen ausspannen. Wobei der Preis dann nur für die Rundfahrt gilt, denn der Verkäufer übernimmt auch direkt den Posten des Fremdenführers auf dem Boot. Kurz vor Ende der Rundfahrt unterrichtet er einen dann sehr subtil darüber, dass er für seinen Service natürlich auch ein Trinkgeld erwartet. Dennoch erfährt man einiges – vor allem über den Hafen, weniger über die Stadt – und sooo teuer ist es letztendlich auch nicht.
Auf die Hügel
Die Stadtteile westlich und nordwestlich des Hafens gehören zu den ärmeren der Stadt, so dass wir uns wegen der eingangs erwähnten Überfallgefahr dort nur einen kurzen Rundgang gönnen, bevor wir über den sehr versteckt gelegenen Aufzug „El Peral“ auf den Cerro Alegre gelangen. Und hier, wie auf dem östlich folgenden Cerro Concepción, offenbart sich die touristischere Seite Valparaísos, mit alten (aber gut erhaltenen oder restaurierten) Häusern, attraktiven Aussichtspunkten sowie unserem Favorit: die unzähligen Werke der namenlosen Graffiti-Künstler, die hier bald jede Wand und jede Mauer in ein ganz eigenes Kunstwerk verwandelt haben. Die folgende Galerie gibt vielleicht einen Eindruck von der Vielfältigkeit der Motive, die man hier findet.
Wie überall in Chile gibt es auch in Valparaíso sogenannte Empanadas, gefüllte Teigtaschen, die in Chile eine Art Nationalgericht darstellen. Nach ein bisschen Rumfragen gelangen wir zu den besten Empanadas der Stadt, beim „Taller de Massas“, auf Deutsch wohl etwa mit „Teigwerkstatt“ zu übersetzen. Wir probieren verschiedene, lecker sind sie alle, und die Preise sind auch nicht teurer als anderswo. Fazit: Folge den Empfehlungen der lokalen Bevölkerung, und du wirst nicht enttäuscht.
Nach diesem kleinen und schmackhaften Mittagessen geht es zunächst zum Paseo Atkinson, einem bekannten Aussichtspunkt auf dem Cerro Concepción, bevor wir uns langsam wieder auf den Weg nach unten machen. Die Flut der lohnenswerten Fotomotive reisst jedoch nicht ab. Graffitis, Treppen, Häuser, Straßen, Aussichten… bis zum Ende des Tages zeigt sich die Stadt von ihrer besten Seite.
Von Viña del Mar kann man das heute leider nicht behaupten. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit fahren wir eigentlich nur durch, dennoch erwischen wir die nachmittägliche Rush-Hour und verbringen so viel mehr Zeit dort, als uns lieb ist. Und das auch noch, ohne viel gesehen zu haben.