Wie erwartet und auch im vorigen Post nicht anders dargestellt, habe ich noch KEIN neues Fahrrad. Aber: Ich habe eins bestellt und angezahlt. Wobei ich dann sehr stark hoffe, dass es auch meinen Vorstellungen entspricht, da es deutlich teurer wurde als erwartet. Es ist im Prinzip ein Böttcher Expedition, nur mit einem Rennlenker statt des MTB-Lenkers und Shimano 105 Schalt- und Bremsgruppe. Und mit den Umbauten komme ich auf 2.100 Euro, was mir sehr viel erscheint im Vergleich zum Beispiel zum TX 400 der Fahrradmanufaktur. Immerhin etwa ein Drittel teurer, und schon aufgrund dessen kann ich diesen Umbau eigentlich nicht empfehlen, obwohl ich das Rad noch gar nicht mal habe… Naja, die Entscheidung war auch relativ spontan im Radladen gefallen, im Hinblick auf die unterschiedlichen Griffpositionen, die man mit einem Rennlenker hat. Aber mit den 26er Reifen und der sonstigen Ausstattung bin ich mit diesem Rad im Prinzip expeditionstauglich, und es wird mich – hoffentlich – nicht nur auf deutschen und europäischen Fernradwegen begleiten, sondern auch im südamerikanischen Dschungel oder in der asiatischen Steppe.
Mehr schlecht als recht
Da die Lieferzeit des Rades etwa drei bis vier Wochen beträgt, muss ich allerdings doch noch mein altes Fahrrad wieder fit machen, will ich nochmal damit fahren im deutschen Sommer. Gesagt, getan. Ein paar Bowdenzüge hin und her getauscht, einen Kugellagerring eines älteren Fahrrades (bei dem der Rahmen gebrochen ist und dass jetzt „entsorgt“ wird) im Lenkkopf eingesetzt, und schon läuft das gute Stück wieder. Mehr oder weniger zumindest, dazu weiter unten mehr. Kurzentschlossen nehme ich direkt ein paar Tagestouren im Hunsrück unter die Räder.
Los geht’s an einem Donnerstag morgen, den Nahe-Radweg hoch und weiter zu Zweirad Heinen in Heimbach, den ich bezüglich meines Lenkkopflagers interviewen will… was natürlich nicht funktioniert, wenn man erst dort ankommt, wenn der Gute sich schon in die Mittagspause verabschiedet hat. Also fahre ich direkt auf dem selben Weg zurück und kann mich damit trösten, einen relativ guten Schnitt gefahren zu sein und somit ein gutes Training absolviert zu haben.
Am nächsten Tag geht es ziemlich unspektakulär durch die Wälder des Nationalparks Hunsrück-Hochwald. Ohne große Sehenswürdigkeiten, aber durch viel Natur und super entspannend. Abgesehen natürlich von den teilweise extremen Steigungen, die ich mir auch noch spontan antue.
Drei Radwege an einem Tag
Am Samstag steht dann meine persönliche Königsetappe an: Erst zum Erbeskopf, den höchsten Punkt in Rheinland-Pfalz, danach weiter über Hunsrück- und Saarland-Radweg zum Bostalsee. In Züsch beeindrucken mich nicht nur die Steigungen, sondern vor allem die neubarocke katholische Kirche, die ich in einem Dorf dieser Größe nun wirklich nicht erwartet hätte. Meistens ist auf den Straßen und Radwegen trotz des Wochenendes nicht viel los, außer in unmittelbarer Nähe des Erbeskopfes, wo mir ein paar sportliche Mountainbiker und Rennradfahrer begegnen, und am Bostalsee, wo die ADAC Deutschland-Rallye Station macht.
Und ich stelle mal wieder fest, dass die Kilometer, die man fährt, auf einer Übersichtskarte wirklich schwer abzuschätzen sind. Bald ahne ich, dass die heutige Tour sowohl von der Strecke als auch von der Zeit wohl deutlich länger wird als geplant. Als ich am Bostalsee ankomme, würde ich gerne ein bißchen länger bleiben, und sei es nur, um die Füße ins Wasser zu hängen, fahre dann aber aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit doch alsbald weiter. Der altbekannte Nahe-Radweg bringt mich über Birkenfeld nach Hause. Wieder daheim, habe ich tatsächlich 91 Kilometer hinter mir, und aufgrund der Hitze plagt mich dann auch der ein oder andere Krampf. Alles in allem aber ein gelungener Radtag.
Nach einem Ruhetag geht es am Montag weiter. Über den Burgen-Radweg geht es Richtung Burg Lichtenberg, einer auf das Spätmittelalter zurückgehenden Burg, die interessanterweise nie durch Kriege zerstört wurde, sondern erst durch ein Großfeuer im Jahr 1799 zur Ruine wurde. Im Gegensatz zu Flussradwegen erwartet mich auf diesem Radweg ein heftiges Auf und Ab, und zwischendurch teilen mir Schilder mit, dass ich mich auf dem „Westrichhöhen-Wanderweg“ befände. Aber eilig habe ich es nicht, und so kann ich auch diese doch recht anstrengende Kurbelei genießen. Auf dem Rückweg leiten mich Schilder auf den Fritz-Wunderlich-Radweg, benannt nach einem in Kusel geborenen Kammersänger. Dieser Radweg ist zwar nicht asphaltiert, fährt sich aber trotzdem ganz gut, bis… ja bis an einem sehr kurzen, aber sehr steilen Stück die Kette reißt. Mal wieder. Nach diversen, aber mangels geeignetem Werkzeug erfolglosen Reparaturversuchen entscheide ich mich für Plan B: Anruf bei Muttern. Und als wir gemeinsam das Rad ins Auto laden, erkläre ich meine Fahrradwoche erstmal für beendet.
Denn – und das habe ich hier noch gar nicht erwähnt – ich muss jetzt doch nochmal relativ unerwartet nach Chile, um meinen „Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung“ (so müsste man das wohl übersetzen) verlängern zu lassen. Und wenn ich dann in ein paar Wochen aus Chile zurückkomme, dürfte mein neues Fahrrad wohl fertig sein.