„if you want to get away from it all, Flamingo is the place to be.“ Das sagte mir vor etwas über zwei Jahren ein junger Kerl in Flamingo, einer Ansammlung von ein paar Häusern im Südwesten Floridas, am Ende der einzigen Straße im Everglades-Nationalpark. Ich fand das damals auch passend. Da kannte ich aber Parnaioca noch nicht. Verglichen mit Parnaioca ist Flamingo das pralle Leben.
Relaxen in Parnaioca
In Parnaioca gibt es zwei Campingplätze. Ich bin auf dem von Marta gelandet, weil es nun mal der erste war, auf den ich gestoßen bin. Und jetzt, im Juni, lebt hier offensichtlich niemand außer den beiden Campingplatzbetreibern. Dementsprechend sieht mein Ruhetag aus, den ich vor der letzten Etappe zurück nach Abraão einlege. Zunächst wandere ich ein wenig nach Westen, an der Kirche und dem Friedhof vorbei, und begleitet von einer kleinen Katze. Einen Wasserfall soll es hier geben, davon sehe ich allerdings nichts. Keine Ahnung, ob ich dafür das Bachbett hoch klettern müsste, oder ob es einen von mir übersehenen und überwucherten Pfad gibt.
Halb so wild, mit Strandwanderungen kann man den Tag auch rumbringen. Schade ist hier – wie auch in den vorherigen Tagen – die Tatsache, dass es bewölkt ist und daher nicht wirklich warm. Zusammen mit der beeindruckenden Brandung bekommt man da kaum Lust, sich in die Fluten des Antlantik zu stürzen. Es wird daher ein ruhiger Tag, mit Zeit zum Nachdenken und der Freude darüber, einfach zu existieren, zu „Sein“, ohne irgendetwas tun oder sich um etwas kümmern zu müssen.
Am folgenden Tag reise nicht nur ich ab, sondern auch ein Großteil von Martas Familie. Ein kleines Schiff erwartet sie in der Bucht, zu dem sie vom Strand aus mit einem kleinen Boot übersetzen. Das Ganze sieht sehr abenteuerlich aus, und trocken kommen sie bei den Wellen bestimmt nicht an Bord. Aber es klappt, und nur einer der Söhne bleibt vor Ort, von dem ich mich am späten Vormittag verabschiede.
Ein harter Marsch zurück
Alicia hatte mir erzählt, dass es in Dois Rios keine offizielle Übernachtungsmöglichkeit gäbe, aber man könne in einem bestimmten Restaurant nach einer bestimmten Person fragen, die einem dann unter der Hand ein Zimmer vermietet. Ich habe dankend abgelehnt, stattdessen habe ich vor, direkt bis nach Abraão zu wandern und mir da noch einen schönen Strandtag zu machen.
Der Pfad von Parnaioca nach Dois Rios ist wohl der zweitwildeste auf der Insel, knapp hinter dem, den ich vor zwei Tagen unter den Sohlen hatte. Darüberhinaus löst sich jetzt auch noch an meinen anderen Wanderschuh die Sohle. Zum Glück bleibt mir noch die Schnur eine Trillerpfeife (die ich für Notfälle dabei habe), und die „Reparatur“ sieht genauso aus wie die des anderen Schuhs vor fünf Tagen.
Im Internet hatte ich im Vorfeld gelesen, dass in Dois Rios eine merkwürdige, wenig einladende Stimmung vorherrscht. Ich glaube, das kann ich so unterschreiben. Die ganze Dorfarchitektur passt irgendwie nicht in den Dschungel, was vermutlich der Tatsache geschuldet ist, dass es hier bis 1994 eine Strafkolonie mit Gefängnis gab. So lasse ich mir auch den hiesigen Strand entgehen, und wandere in einem durch über den Höhenrücken in der Mitte der Insel bis nach Abraão. Ich bin wirklich froh, als es dann irgendwann wieder bergab geht, und mehr noch, als ich in einer Kurve der Straße die Häuser von Abraão sehen kann.
Dieses Mal quartiere ich mich mitten im Dorf ein, in der Pousada dos Meros. Und was für ein Unterschied zur Jungle Lodge: das Frühstücksbuffet lässt keine Wünsche offen, nachmittags gibt es noch Kaffee und Kuchen oder Plätzchen (mit Selbstbedienung), der Innenhof ist sehr liebevoll gestaltet, und das Ganze für die gleichen 100 Reais pro Nacht, die ich auch in der Jungle Lodge bezahlt hatte. Zu letzterer muss ich nochmal, um ein paar Plastiktüten mit Wäsche abzuholen, aber meine Wahl für den nächsten Besuch auf der Insel ist eindeutig.
Ruhiger Ausklang
Den letzten Tag auf Ilha Grande verbringe ich noch einmal am Strand, da mittlerweile auch die Sonne wieder mit von der Partie ist. Ein paar Stunden Schwimmen, Lesen und Sonnen an der Praia do Abraãozinho, so kann man es sich gut gehen lassen. Und das Ganze bei 28 Grad, wobei ich schonmal vorwegnehmen kann, dass es am folgenden Tag – dem Tag meiner Rückkehr – sogar im Zentrum von Santiago geschneit hat.
Mit einem kombinierten Transfer komme ich am nächsten Morgen direkt von Abraão an den Flughafen von Rio de Janeiro. Und als mich ein junger Schwarzer am Flughafeneingang anspricht, ob er meine Schuhe putzen soll, schauen wir beide an mir runter und fangen gleichzeitig an zu lachen. Ich denke, er verstand, dass meine Schuhe keine weitere Pflege benötigen; ihre Entsorgung ist eine meiner ersten Handlungen nach der Ankunft in Santiago.
Fazit: Ein klasse Kurzurlaub geht zu Ende, der zwar mit kleinen Hindernissen gespickt war, der aber rückblickend das Beste war, was ich in meiner momentanen Situation machen konnte. Und den ich denn auch durchaus genossen habe. Até à próxima, Brasil!